Europaexpertin Renata Alt sprach sich für ein reformiertes zukunftgerichtetes Europa aus

Für Europa – aus politischer Überzeugung und persönlicher Erfahrung

Renata Alt, Bundestagskandidatin der FDP im Wahlkreis Nürtingen, zu Gast bei der FDP Fellbach

Von Maximilian Lenk

Renata Alt zu Gast beim FDP Stadtverband Fellbach

Am 16.03.2017 empfing der Fellbacher FDP-Stadtverband Renata Alt. Unter dem Titel „Die Europäische Union am Scheideweg“ plädierte Renata Alt in ihrem Vortrag für ein reformiertes zukunftgerichtetes Europa. Dabei nahm sie vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biographie insbesondere auf die Entwicklung der Visegrad-Staaten Bezug.

Geboren im tschechoslowakischen Skalica (heutige Slowakei) erlernte Alt bereits ab dem 5. Lebensjahr die deutsche Sprache. Der weisen Voraussicht ihrer Eltern verdankte sie, dass sie unmittelbar nach ihrem erfolgreich absolvierten Studium der Lebensmittelchemie und Biotechnologie in den Außenhandel eines Wirtschaftsunternehmens einsteigen und daraufhin in das tschechische Außenhandelsministerium wechseln konnte. Nachdem sie vom Auswärtigen Amt in Prag 1992 zunächst als Diplomatin nach Deutschland entsandt wurde, war sie Wirtschaftsattaché der Tschechoslowakischen Republik und nach deren Zerfall der Slowakischen Republik in München.

Aus dieser Erfahrung heraus schilderte Alt den Zuhörern im Fellbacher Weingut Heid die mit dem Zerfall der Sowjetunion und dem Fall des Eisernen Vorhangs einsetzende Euphorie der Visegrad-Staaten. Der Zusammenschluss aus Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei war eigens gegründet worden, um die Anfang der 90er Jahre anstehenden Probleme kooperativ zu lösen und um den gemeinsamen Interessen für einen EU- und Nato-Beitritt Nachdruck zu verleihen. Die teilweise überhöhten und auch politisch befeuerten Erwartungen an den wirtschaftlichen Aufschwung wurden aber in der Folge jedenfalls in Teilen enttäuscht. Die Enttäuschung dieser enormen Hoffnungen sieht Alt als wesentliche Ursache der heutigen Abwendung zahlreicher osteuropäischer Staaten von Brüssel. Mit großer Sorge beobachtet sie daher die Entwicklungen in Polen, Ungarn sowie Tschechien, dessen Präsident jüngst äußerte, sich eine Koalition mit der kommunistischen Partei nach den Parlamentswahlen im Herbst gut vorstellen zu können.

Alt verwies angesichts der russischen Aggressionen in der Ukraine gleichzeitig aber auf das durchaus wieder erstarkende Interesse der osteuropäischen Staaten an der Europäischen Union. Einerseits sehe man sich einer Bedrohung Russlands ausgesetzt, andererseits befeuerten europakritische Gruppierungen die Sorge um ein „Diktat aus Brüssel“. Renata Alt stellte die Herausforderung in diesem Zusammenhang für die Europäische Union klar: Europa muss dem politischen Kalkül Russlands, mit einer Eurasischen Union ein Gegenstück zur Europäischen Union aufzubauen, mit klarer Kante begegnen und diesen Wettstreit für sich entscheiden. Alt, deren Familie sich im Kommunismus allein aufgrund des Besitzes des Romans „Doktor Schiwago“ selbst Anzeigen ausgesetzt sah, verbindet mit der erneuten Hinwendung zu kommunistischen staatsgläubigen Regimen daher nicht nur politische, sondern auch persönliche Sorgen.

Damit Europa diese Herausforderungen bestehen könne, bedarf es nach Alt aber einer starken Europäischen Union, die dringend reformiert werden müsse. Alt prophezeit insoweit eine Änderung der Europäischen Verträge in den kommenden fünf Jahren. Als zu reformierende Geburtsfehler sieht sie dabei insbesondere das Einstimmigkeitsprinzip, die völlig überhöhte Anzahl an EU-Kommissaren, die mangelnde Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Union und den Nationalstaaten, sowie die fehlenden Durchsetzungsinstrumente bei Missachtung europäischer Vorgaben. Zuletzt stellte Alt in ihrem beeindruckenden Vortrag die Bedeutung Europas im globalen Geflecht und im Wettbewerb mit China und den USA heraus.